Sonntag, 16. Oktober 2016

Prügelstrafe ade - und jetzt?

Letzten Samstag habe ich mich wieder einmal mit meinen "alten" Schulkameradinnen und -kameraden zu einem gemütlichen Kaffeeplausch getroffen. Wir schwelgten wie immer in Erinnerungen - überwiegend guten! Doch da hat sich auch bei dem einen und anderen ein giftiger Wortpfeil ins Gehirn eingefressen, der nicht vergessen lässt, was damals den noch sehr sensiblen Selbstwert verletzt hat. Damals - das war vor immerhin 50 Jahren! 

Die Schulkameradin Monika erzählte: "Ich erinnere mich noch sehr genau, als unser Lehrer, Herr Müller (Name ist erfunden), zu mir sagte: "Da gibt es ja einige in der Klasse, die ich nicht leiden kann! Aber Dich kann ich am wenigsten leiden!" Und das habe er mehrmals gesagt.

Ihre Stimme war dünn, ihr Gesicht leer und ihre Augen tief traurig. Ganz zaghaft kam noch: "Ich weiß nicht, was ich ihm angetan habe". Dann setzte sie wieder ein Lächeln auf.

Doch - unser Gehirn vergisst nichts wirklich Wichtiges! Übrigens wurde auch damals der Rohrstock zur "guten Erziehung" noch täglich eingesetzt.

Mich machten die Worte von Monika sehr traurig. Aber ich beruhigte mich mit meiner Überzeugung, dass diese Zeiten - Gott sei Dank - vorüber seien.

Dann kam der Montag und damit meine ganz normale Arbeitswoche. Herr Maier (Name ebenfalls erfunden) hatte einen Termin bei mir. Das Thema "Soziale Kontakte" stand im Raum. Wie war das in der Schule mit Freunden und Lehrern - das interessierte mich.
Stille! Dann: "Ich war schon immer sehr ruhig. Stand in den Pausen oft alleine. Ich glaube, die Lehrer mochten mich nicht." Einer habe ihm das auch direkt ins Gesicht gesagt: "Du störst mich, am besten wäre, du wärst nicht mehr da!" Das seien seine Worte gewesen. Das war 2006.

Auch jetzt beim Schreiben wünsche ich mir, dass das alles nicht wahr sei. Doch es ist wahr!

Vielleicht gibt es tatsächlich das Phänomen der Duplizität der Dinge - denn manchmal häufen sich Ereignisse, obwohl sie unabhängig voneinander sind. Eine Mutter bat mich am Mittwoch um einen Rat, wie sich ihre Tochter verhalten solle, denn der Lehrer hätte ihr zu Beginn der Herbstferien gesagt, dass er sie am liebsten nach den Ferien nicht mehr wiedersehen möchte! Das war 2016!

Gut, der Rohrstock ist in der Schublade verschwunden. Wie aber steht es um unsere Sprache? Leider schlecht! Immer noch wird mit dem Instrument der "Schmutzigen Sprache"  - wie ich es nenne - verletzt. Ungestraft. Und mitunter kann diese Sprache auch töten! Noch nebenbei erwähnt: Die Verletzung mit den Giftpfeilen "Sprache" ist in allen Bereichen unserer Gesellschaft weit verbreitet.

Ich beschäftige mich seit einigen Jahren mit unserem Gehirn, mit der Amygdala und damit auch mit unserer psychischen und körperlichen Gesundheit. Und insbesondere mit unserer zwischenmenschlichen Kommunikation. Bei allen verbalen Angriffen werden Stresshormone ausgeschüttet. Das ist alter Naturschutz, der aber früher oder später zu stressbedingten Krankheiten führt! Fazit: Stresskrankheiten haben Hochkonjunktur - auch schon bei unseren Kindern!

Ein Ausweg? Ja, den gibt es: E sind die Qualitätskriterien für wertschätzende zwischenmenschliche Kommunikation. Diese müssen sozusagen gesellschaftsfähig werden. Wie? Alle müssen mitmachen - so einfach ginge es!

In meinem I-A-S-Kommunikations-Balance-Modell sind die sprachlichen Giftpfeile benannt und die "Big FIVE der Kommunikation"


verankert.

Leider gibt es noch keine rosaroten oder auch lilafarbenen kleinen Tabletten gegen die destruktiven Kommunikationsstörunbgen! Das wäre einfacher!  Aber Sie würden auch nicht erfahren, wie viel Freude das Erlernen der wertschätzenden Sprache machen kann und wie toll sich ihr gestärkter Selbstwert anfühlt. 

Unsere Welt würde freundlicher werden! Garantiert!

Für heute sage ich Tschüß.

Ich wünsche Ihnen viele schöne, wertschätzende Gespräche

Ihre

Dr. Christel Frey